





Trauerrede von Dustin Kennel
Ich erzähle euch etwas aus dem Leben meines Grossmamis, von ihren Träumen, von ihren Erfolgen und von den Momenten, die wir als Familie mit ihr teilen durften.
Das Leben von Grossmami wurde durch eine Sache ganz besonders geprägt, nämlich durch den Sport. Egal in welchem Alter, Grossmami war immer sportbegeistert und hat sich für den Sport engagiert.
Sie ist in Schaffhausen als die jüngste von 3 Schwestern aufgewachsen. Als die Jüngste, hatte sie das Glück, etwas weniger im elterlichen Gasthof mitarbeiten zu müssen und hatte so etwas mehr Zeit für ihr sportliches Talent. Schon ihr Vater war sportlich sehr versiert und hat als Läufer, Schütze, Ringer und sogar als Motorrad-Rennfahrer Erfahrungen und Erfolge gesammelt. So ist es nicht erstaunlich, dass auch Lilo in mehr als nur einer Sportart erfolgreich war. Neben Schwimmen war sie auch im Skifahren (Studenten-Ski-Nationalmannschaft), Turnen, und Tennis erfolgreich.
„Mis Grossi het bi Olympia mitgmacht” Das habe ich immer ganz stolz in der Schule erzählt. «Si isch e wahnsinnig gueti Schwimmerin, het bi Olympia mitgmacht, und het mir z schwimme bibracht!» Das habe ich erzählt, und auch wenn es mir nicht alle glaubten, wusste ich, dass es stimmt.
Mit 18 ist Lilo nach London, an die Olympischen Spiele gereist und schwamm in ihrer Disziplin, dem Brustschwimmen, bis ins Halbfinal. Ihre sportlichen Erfolge ermöglichten Lilo in der damaligen Zeit Vieles, was für Frauen beschwerlich oder unüblich war. So war sie bereits in den fünfziger Jahren ein knappes Jahr in Amerika und dort als Skilehrerin tätig. Über das Skifahren hat sie später auch ihren Mann kennengelernt, gemeinsam waren sie in der Student-Ski-Nationalmannschaft. Auch diesen Sport hat sie bis ins hohe Alter betrieben, so lange wie es nur ging. Deshalb haben auch wir Enkel/innen großartige Erinnerungen an die gemeinsamen Skiferien.
Dazu zwei Erinnerungen von Paddy:
Bei der ersten Anekdote war Grossmami etwa 75. Wir waren in den Skiferien in Arosa, und die alte Dame war bereits den ganzen Tag allen deutlich jüngeren Gruppenmitgliedern auf den schwarzen Pisten um die Ohren gefahren. Am späteren Nachmittag stand sie dann auf einer blauen Piste (vermutlich, um auf den langsameren Rest der Gruppe zu warten), als eine Anfängerin sie zu spät sah, nicht bremsen konnte und sie über den Haufen fuhr. Dabei verdrehte sich Grossmami das Knie und konnte ein Bein nicht mehr belasten, normalerweise ein klarer Fall für den Rettungsschlitten und einen Krankenwagen. Doch das war nicht Grossmamis erster Skiunfall, und sie fand, dass Rettungsschlitten unangenehm seien. Also fuhr die 75-jährige einfach auf einem Bein ins Tal, und nahm da das Taxi zum Arzt. Das einzige, was sie anschliessend etwas nervte, war, dass die Krankenkasse das Taxi nicht bezahlen wollte. Die glaubten nämlich nicht, dass es ein Notfall sein konnte, da sie ja noch selbst in Tal fahren konnte.
Die zweite Anekdote war von meinem letzten Skitag mit Grossmami, sie war da bereits 80. Ich hatte gerade die 3. Saison als Skilehrer hinter mir und war skifahrerisch so fit wie noch nie. Das wollte ich ihr natürlich beweisen. Auf der ersten schwarzen Piste stürzte ich mich also carvend in den Steilhang, und fuhr die vielleicht engsten Kurven die ich je gefahren bin. Nach etwa 500 Metern brauchte ich eine Pause, also hielt ich an, in der Erwartung, mich ein paar Minuten entspannen zu können, bis Andrea und Grossmami zu mir aufgeschlossen hatten. Doch schon eine Sekunde nachdem ich angehalten hatte, hielt meine 80-jährige Grossmutter direkt neben mir, mit dem Kommentar „das war eine nette Linie“. Mein Versuch, wenigstens einmal im Leben meiner Grossmutter davonzufahren, war gescheitert, und ich war mehr ausser Atem als sie. Den Rest des Tages, durfte ich ihr dann aber doch noch davonfahren: als Andrea zu uns aufschloss, musste sie Grossmami an ihr Alter erinnern und Grossmami hat dann eingesehen, dass sie als 80-Jährige nicht unbedingt dem 20-jährigen Enkel hinterherfahren muss.
Aber das Alter war für Lilo halt immer nur eine Zahl, der sie nicht weiter Beachtung schenkte. So erzählt auch Andrea, wie es sie in den Skiferien in Arosa fasziniert hat, wie Lilo es stets schaffte, auf ihre spontane Art mit Menschen in Kontakt zu kommen. „Als Lilo In den Skiferien in Arosa das erste Mal dabei war, schauten Dani und ich abends spät nochmals kurz bei der Gruppe vorbei. Da sassen alle noch da und horchten gespannt die Geschichten, die Lilo lebendig aus ihrem Leben erzählte. Sie war trotz Altersunterschied sofort ein Mitglied der Gruppe. Wir werden sie im den nächsten Skiferien vermissen und mit einem Güppli aus sie anstossen.“
Sport, Kinder, Familie, Gesellschaft… um ihre Interessen unter einen Hut zu bringen war Lilo schon immer sehr kreativ. So hat sie z.B. Familien-Sportferien organisiert, bei denen Thomas als junger "Hilfsskilehrer" oder "Hilfsschwimmlehrer" die Kinder der teilnehmenden Familien betreuen durfte. Ebenfalls hat sie das Muki-Turnen in der Schweiz eingeführt. Lilo war die Mu, und Andrea durfte für die Fernsehaufnahmen das Ki sein. Ja, die Ideen von Lilo begeisterten sogar das Fernsehen, und Andrea war damals sehr beeindruckt, wie aufwändig ein solcher Drehtag ist und wie souverän ihre Mutter mit dem Filmteam umging. Später hat Andrea begeistert zugeschaut, wie Lilo kompetent bei Diskussionsrunden im Fernsehen mitdiskutierte.
Auch als Kinder und Familie nicht mehr so im Vordergrund standen, hat sie immer wieder neue Sportarten, wie z.B. Aqua-Fit eingeführt und populär gemacht. In Sport, Bildung, Gesellschaft und Politik hat sie sich immer mit grosser Motivation eingesetzt, war meist eine der ersten Frauen, die wichtige Funktionen innehatten und war so auch im Bereich der Gleichberechtigung landesweit eine prägende Persönlichkeit und Vorreiterin. So zeigte sie Andrea 1971 auch stolz, wie man abstimmt. Erst viele Jahre später hatte Andrea realisiert, dass es damals für Lilo die erste Abstimmung war, an der sie teilnehmen durfte.
Mit ihren Büchern und den versch. Sport-Kolumnen in Zeitungen hat sie Vieles und auch Viele "bewegt". Ihre Leidenschaft für den Sport war ansteckend und sie hat diese Leidenschaft gerne geteilt und weitergegeben.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie mir Plastikringe in den Pool warf, nach denen ich dann tauchen durfte. In immer grösser werdenden Abständen, damit ich immer weiter Schwamm, zum Tauchen die Luft länger anhalten musste. So lernte ich spielerisch und mit grosser Freude. Im Pool am Höhenweg habe ich einige der schönsten Erinnerungen mit Grossmami. Dies waren stets die schönsten Sommerausflüge und dort haben Lesley und ich die tollsten Kindergeburtstage gefeiert. Eine Poolparty, das haben schliesslich nicht alle!
Grossmami hatte es zum Glück nie weit zum Wasser. Mit zunehmendem Alter konnte Lilo einige Sportarten nicht mehr aktiv ausführen und es schmerzte sie sehr, dass sie ihren kleinen Sportwagen nicht mehr fahren konnte und vor wenigen Jahren auch mit Skifahren aufhören musste. Das Schwimmen blieb ihr jedoch und das Interesse für alle anderen Sportarten, bei denen sie als begeisterte Zuschauerin dabei sein konnte. So konnte sie auch die ersten Ski- und Schwimmversuche ihres Urenkels Ryan mitverfolgen und dabei sehen, dass Sport generationenübergreifend weiterhin eine wichtige Rolle in der Familie spielt.
Obwohl ihr Leben auch Herausforderungen mit sich brachte, schritt Lilo stets mit Elan und Überzeugung voran, Freute sich an vielem und verbreitete Freude. Es vor kurzem antwortete sie, nach ihrem Leben gefragt, dass sie es schätze, auf ein zufriedenes und reiches Leben zurückschauen zu können, in dem sie vieles erreicht und bewegt hat.
Und so lassen wir dich gehen, liebes Grossmami. Das Element Wasser wird uns immer verbinden und wir werden noch oft an dich denken. Sei es bei einem «Schwumm» in der Aare, im Zürichsee, oder im Schnee auf den Pisten Arosas.
Mir hei di gärn
Gedicht von Lesley Kennel
Ändi Juni
Der längsti Tag isch scho verbi
Ab jetz wärde d Tage widr kürzt
I ha gwüsst s isch nid für immer
U glich bini so bestürzt
Amne heisse Summertag
Bisch du gange
Villich glingts mr üsere Zit
mit paar Zile nochezhange
Hesch mir glehrt wieme duet schwümme
Es Seepfärdli hets gäh
So viu Siege hesch dörfe gwünne
Die cha dir niemer meh näh
E Wasserma im Rhi
Das isch dis Elemänt gsi
Bisch geng eini vode Erste gsi
Nur nid z chaut hets dörfe si
U isch der Summer verbi
Hets kristallin müesse si
D Brätter ungr d Füess
Vode Bärge liebi Grüess
Der Chlinst hesch no gseh probe
Dä Winter Afang Jahr
Hesch d Lideschaft nie verlore
Die gisch witer stärneklar
U bisch du us dere Wäut
Suechi di ir Nacht am Himmuszäut
D Mönsche wo üs präge
Wärde mir geng im Härze träge
Amne heisse Summertag
Bisch du gange
Liebs Grossmami
Wirde dir lang no nocheplange
Ps:
Üsi Initiale si für geng
L. K. mit 2ne N
